BeWooden Faces Folge 1
Dass die Sprache der Musik in allen Kulturen gleich gesprochen wird, weiß man ja. Dass aber geflüchtete Musiker mit deutschen Symphonieorchestern gemeinsam eine Benefizouvertüre aufführen, ist neu. Wie kam Komponist Nicolas Ruegenberg zu dieser Idee? Was macht Ihn in unseren Augen besonders? Und wann trägt er Holzfliege? Dass erfahrt Ihr im folgenden Interview.
„Viel Musik habe ich ja schon immer gemacht“, erzählt uns Nicolas Ruegenberg, als wir uns mit Ihm auf einen Kaffee in Bad Vilbel trafen. Und so erfreulich es auch sein mag, wenn das Kind seine Begeisterung für Musik früh entdeckt, so kommt es aber wohl auch auf die richtigen Instrumente an. Nicolas‘ Tante entschied sich für eine Trommel, was Familie Ruegenberg wohl den ein oder anderen Hörsturz beschert haben dürfte. Einen ernstzunehmenden Start in die Musik markierte dann eher das Klavierspielen, mit dem Nicolas im Alter von 6 Jahren begann. Zusätzlich erlernte er noch den richtigen Umgang mit der Kirchenorgel. Dieses komplexe Instrument bietet ausgesprochen interessante Möglichkeiten zum Komponieren, denn ein Organist kann aus einer Vielzahl an Klangkombinationen wählen. Und so versuchte sich Nicolaus mit 9 Jahren an seinen ersten Kompositionen. So zeichnete sich auch bereits der weitere Lebenslauf ab und nach dem Abitur startete die einjährige Ausbildung zum Filmkomponisten in Wuppertal und Bonn. Mit dem Diplom in der Tasche, zog es Nicolas nach Boston, wo neben der Harvard University und dem MIT auch das renommierte Berklee College of Music beheimatet ist. Ein Stipendium ermöglichte ihm trotz der hohen Studiengebühren ein Doppelstudium in Filmmusik und klassischer Komposition. Von seinem Bestreben, in der Welt der Filmmusik Fuß zu fassen, nahm er jedoch Abstand, um sich mehr der klassischen Komposition zuzuwenden. Denn in der Filmmusik herrscht vor Allem enormer Zeitdruck, wohingegen einem klassischen Komponisten meist mehr Zeit zur Verfügung steht. „Außerdem ist die Rolle der Musik im Konzertsaal natürlich eine andere, als im Film, bei dem sie sich einem großen Ganzen unterordnen muss. Das finde ich natürlich auch reizvoll und bin ein großer Filmfan, nichtsdestotrotz war es für mich entscheidend, die Musik in den Fokus zu rücken. Und für klassische Musik ist Deutschland im internationalen Vergleich extrem gut aufgestellt, es gibt hierzulande über 80 Opernensembles – fast so viele wie im gesamten Rest der Welt.“ So beschloss Nicolas, wieder in die Heimat zurückzukehren und trat eine Stelle als Arrangeur für die Neue Philharmonie Frankfurt an. Dort bearbeitete er Songs, schrieb Werke für Orgel und Orchester um und beteiligte sich an diversen Cross-Over-Produktionen. Dies war eine prima Gelegenheit um wertvolle praktische Erfahrung zu sammeln – auch im klassischen Bereich, denn die Neue Philharmonie bietet beide Seiten. Für Nicolas ist immer eines entscheidend: Er möchte mit seiner Musik Geschichten erzählen. Und um diese Herausforderung zu meistern, erstellte Nicolas Auftragskompositionen für verschiedenste Kunden, zum Beispiel das deutsche Bundeswehrorchester.
Um sein Wissen weiter zu vertiefen, bewarb er sich bei der Hochschule für Musik in Frankfurt, wo man jedoch zu diesem Zeitpunkt aufgrund von Umgestaltungsmaßnahmen keinen Kompositionsstudiengang anbot. Doch Nicolas blieb hartnäckig und konnte den damaligen Leiter der Kompositionsabteilung, Professor Müller-Hornbach, dazu bewegen, ihn als Privatstudenten anzunehmen und so seine Ausbildung zu beenden. „So richtig fertig ist man allerdings nie, glaube ich – deshalb bin ich froh, auch heute mit Professor Müller-Hornbach noch einen wichtigen Mentor zu haben.“
„Die vielen Berichte über zerstörte Flüchtlingsheime erschütterten mich“ erinnerte sich Nicolas „Also beschloss ich selbst aktiv zu werden und nahm mit geflüchteten Musikern Kontakt auf.“ Dank der gemeinsamen Liebe zur Musik begann so ein reger Austausch, aus dem auch UNISONO entstanden ist. Dieses Musikprojekt vermischt Kompositionen, Klänge und Instrumente unterschiedlicher Kulturen in einem einzigen Stück. Und mit diesen mussten sich die Künstler erst vertraut machen und gemeinsam das stimmigste Ergebnis herausfinden, keine leichte Aufgabe. Und dennoch – Die Uraufführung mit den Berliner Symphonikern entpuppte sich als voller Erfolg, selbst ARD und ZDF waren zugegen. Eine super Erfahrung für alle Beteiligten und Dank der großen Aufmerksamkeit wurde UNISONO auch Beim Berliner Philharmoniker Open Air 2016 vom Syrian Expat Philharmonic Orchestra aufgeführt. Ebenso schrieb Nicolas eine Fassung für Schul- und Laienorchester. Nun bekommt Nicolas die einmalige Gelegenheit, sein Werk als ganze Sinfonie zum Kirchentag auf dem berühmten Gendarmenmarkt einer großen Zuhörerschaft zu präsentieren.
Und jetzt haben Wir die Ehre Nicolas noch ein paar Fragen zu stellen.
Wie schaffst du es, deine vielen Projekte zu händeln?
„Das ist in der Tat ein immenses Arbeitspensum, das können schnell mal 90h in der Woche werden. Zum Glück unterstützen mich dabei super Partner wie der Lions Club und eine PR-Agentur, die sogar pro bono für das Projekt arbeitet. Am Wertvollsten ist dabei jedoch der bedingungslose Rückhalt meiner Frau.“
Was hat dich zur klassischen Musik verschlagen?
„Zunächst sah ich meine Zukunft ja eher in der Filmmusik, doch in dieser Branche herrscht ein unheimlicher Zeitdruck. Für den Film „Troja“ hatte der verantwortliche Filmkomponist nur 3 Wochen Zeit um über 3 Stunden Soundtrack zu produzieren, eine wahnsinnige Leistung. Bei diesen Verhältnissen fehlt dann einfach der Freiraum um komplexe Stücke erstellen zu können. Außerdem bin ich auch sehr wissbegierig, wenn es darum geht, wie Musik en Detail funktioniert. Und so fiel die Entscheidung zugunsten der Klassik. Dennoch bin ich nach wie vor großer Fan von Film Scores und mein absoluter Favorit unter den Filmkomponisten ist John Williams, mit seinen wunderschönen und sehr filigranen Werken (Star Wars, Indiana Jones, Schindlers Liste u.v.a.)“
Hast Du während deines Studiums in Boston bekannte Persönlichkeiten kennengelernt?
„Ja. Da meine Universität einen guten Ruf genießt sind mir allerhand Musikgrößen begegnet. Allein unter den Lehrenden tummelten sich über 20 Grammy-Gewinner, ich erhielt sogar Unterricht vom Isaiah Jackson, der bereits als Chefdirigent des Royal Ballet, Covent Garden, für die Queen dirigierte. Sonst waren da noch beispielsweise John Mayer, die Drummerin von Beyonce und der berühmte deutsche Dirigent Kurt Masur. Mit diesem verbindet mich eine kuriose Geschichte, denn eines Tages trat er ganz in der Nähe auf. Ich wollte ihn sehr gern persönlich kennenlernen und legte mich zu diesem Zweck am Künstlerausgang auf die Lauer. Als schließlich Herr Masur kam, stellte ich mich auf Deutsch vor und versuchte noch, ihm eine CD mit einigen selbstgeschrieben Stücken aufs Auge zu drücken. Doch er antwortete ausschließlich auf Englisch und stieg rasch in sein Auto. Ein sehr verwirrender Moment. Der berühmte deutsche Dirigent Kurt Masur spricht kein Wort Deutsch? Ich entschloss mich, einen Brief auf Englisch zu verfassen – wollte aber dieses Mal sicher stellen, dass ich ihn auch übergeben konnte und sprach mit dem Personal vor Ort. Hier stellte sich heraus, dass ich bei unserem ersten Zusammentreffen gar nicht am Künstler-, sondern am Lieferanteneingang gewartet hatte, und der Herr mit dem ich gesprochen hatte auch gar nicht Kurt Masur gewesen war. Dann habe ich allerdings tatsächlich Kurt Masur getroffen – und ihm den englischen Brief nebst CD gegeben. Ich vermute, er muss ziemlich verwirrt gewesen sein, als er meinen Brief gelesen hat. Jedenfalls erhielt ich nie eine Antwort.“
Musik und Mode leben ja bekanntlich von Persönlichkeit, Gefühlen und Individualität.
Geht musikalisches Talent folglich auch Hand in Hand mit gutem Geschmack?
„Erfahrungsgemäß nicht zwingend (lacht). Musiker wollen sich ausdrücken, sind ja auch oft exzentrisch und fast immer Individualisten! Ich würde zwischen Jazz- und Klassik-Musikern unterscheiden, wobei natürlich bei klassischen Konzerten meist ohnehin ein strenger Dresscode für die Musiker herrscht – da bleibt dann meist wenig Raum für Individualität. Deswegen habe ich als Komponist ja auch den unschlagbaren Vorteil, bei der Aufführung dann im Publikum zu sitzen und somit dem Dresscode zu entkommen (lacht). In der Freizeit lässt es sich aber für Musiker pauschal schwer verallgemeinern.“
Erzähl uns doch mal deine Lieblingsgeschichte aus deiner Kindheit.
„Die Geschichte mit der geschenkten Trommel war für mich und insbesondere meine Eltern sehr einprägsam. Hat mir in jedem Fall großen Spaß bereitet...“ (s. Einleitung)
Was würdest du als besonders an dir oder deinem Charakter beschreiben?
„Ich bin schon sehr zielstrebig und hartnäckig. Besonders ist wohl meine extrem hohe Frustrationstoleranz – ich glaube, wenn ich mir mal etwas in den Kopf gesetzt habe, bin ich sehr schwer davon abzubringen.“
Wo hast du BeWooden das erste Mal kennengelernt?
„Das war auf dem Wiesbadener Weihnachtsmarkt 2015.“
Wie möchtest du den Menschen Freude bringen?
„Das möchte ich natürlich am liebsten mit meiner Musik schaffen.“
Wann trägst du am Liebsten Holzfliege?
„Wenn der Anlass nicht zu formell ist, wie bei Konzerten, bei denen ich auf die Bühne muss, trage ich sie so oft wie möglich. Allerdings habe ich auch hier schon mit Holzfliege auf der Bühne gestanden. Derzeit trage ich keine Holzfliege zum Smoking, da wird ein klassischer Binder vorausgesetzt – aber ich habe gesehen, dass ihr auch hier ein schönes Modell habt – vielleicht ändert sich das also noch bei mir (lacht). Aber sonst ernte ich fast nur positives Feedback und gerade bei Musikerkollegen kommen Holzfliegen erfahrungsgemäß gut an!“
Was hast du so auf dem Kerbholz?
„Ich bin notorischer Kaffeejunkie, da kommen mitunter bis zu 7 Tassen am Tag zusammen.“
Wo möchtest du später mal Wurzeln schlagen?
„Am liebsten im Rhein-Main-Gebiet, doch ich reise auch gerne herum. Schön wäre ein ruhiger Ort mit toller Landschaft!“
Dein Schlusswort?
„BeWooden…BeYourself Ich finde es wichtig, sich gerade jetzt für seine Werte einzusetzen – so wie BeWooden zum Beispiel in puncto Nachhaltigkeit!“
Wir bedanken uns bei Nicolas für das tolle Interview und wünschen Ihm auf diesem Wege nochmals Alles Gute für Zukunft.